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Reinigung verschiedener Typen von Taschenuhren

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Über die korrekte Demontage und Remontage eines englischen Werks mit Kette und Schnecke


Entgegen der Vorgehensweise, wie ich es bei der Adam-Burdess-Taschenuhr (eine englische Taschenuhr mit Kette und Schnecke) beschrieben habe, gibt es eine wesentlich elegantere Weise, das Werk auseinander- und später wieder zusammenzubauen. Diese will ich hier beschreiben.


Die Demontage


Die Demontage möchte ich etwas kürzer als die später folgende Remontage beschreiben. Angefange wird mit der Entnahme des Werkes aus dem Gehäuse. hierfür wird der vordere Glasdeckel der Uhr geöffnet und das Werk nach vorne herausgeklappt (Drücken des Fixierhebels auf 6 Uhr). Anschließend kann der Stab/Pin im Scharnier seitlich herausgeschoben werden. Hierzu kann z.B. mit einer Nadel seitlich auf diesen Pin gedrückt werden oder der Pin mit einer Zange gefaßt und herausgezogen werden. Nachdem das Werk vom Gehäuse getrennt ist, nimmt man mit einem Zeigerabheber, notfalls vorsichtig mit einer Zange, die Zeiger ab.

Nun kann das Werk gewendet und auf einem Werkshalter abgelegt werden, die Staubschutzglocke kann nach Verschieben der (meist gebläuten) Feder abgezogen werden. Als nächstes muß die Unruh entnommen werden: Dazu wird zunächst der Unruhkloben gelöst und vorsichtig(!) abgehoben. Die Unruhspirale sollte an einem kleinen Klötzchen auf der Platine fixiert sein (oder am Unruhkloben hängen). Bevor die Unruh gelöst wird, sollte die Position der Spiralfeder am Klötzchen gemerkt werden (wie weit ist die Spiral dort eingeschoben!). Danach wird der kleine Messingspan herausgezogen, die Unruhspirale vorsichtig herausgefädelt und die Unruh beiseite gelegt.

Als nächster Schritt wird nun das Zifferblatt entfernt. Dieses ist durch drei Messingspäne unter der Platine fixiert, welche meist einfach herausgezogen werden können. Bei klemmenden Pins hilft es manchmal, das Zifferblatt etwas an der anderen Seite anzuheben oder leicht daran zu wackeln (aber vorsichtig!). Ebenso wird das Zeigerwerk samt Viertelrohr (dieses ggf. mit einer leichten Drehbewegung) abgenommen. Das Zifferblatt sollte nur in warmer Seifenlaufe und mit einem Tuch vorsichtig gereinigt werden, alte Emailzifferblätter sind oft etwas empfindlich!

Nun muß die Aufzugsfeder entspannt werden, um Schäden am Werk zu vermeiden. Hierzu werden die beiden Schrauben der Third Wheel Bridge (zifferblattseitig, die dort auffällige Kleinbodenbrücke) gelöst - aber die Brücke dabei noch fest aufdrücken! Zu diesem Zeitpunkt muß die Brücke noch auf der Platine bleiben. Auf der anderen Seite des Werkes wird der Aufzugsschlüssel auf den Aufzugsvierkant gesetzt und festgehalten(!). Danach wird erst die Third Wheel Bridge abgenommen und das Kleinbodenrad herausgezogen. Nun merkt man schnell, daß der Schlüssel sich drehen will, die Kraft des Federhauses zieht nun am Schlüssel. Sehr vorsichtig läßt man mit dem Schlüssel das Federhaus entspannen (nicht durchrutschen lassen), bis sich der Schlüssel nicht mehr von allein drehen will. Das Schwierigste ist hier geschafft, nun wird noch die Sperrklinke vom Sperrad (über dem Federhaus) weggedreht (dessen Schraube mit einer Viertelumdrehung lockern) und die letzte Vorspannung der Aufzugsfeder löst sich.

Die Kette kann nun aus dem Werk vorsichtig(!) herausgezogen werden, dabei darauf achten, daß sie sich nicht im Werk verhakt. Zudem ist sie noch am Federhaus und an der Schnecke befestigt. Vom Federhaus kann der Haken der Kette einfach gelöst werden (geht quasi von allein), an der Schnecke ist die Kette mit einem rund geformten Haken etwas frickeliger zu entfernen - mit einer Schiebebewegung hatte ich bislang ganz gute Erfahrungen. Danach wird das Sperrad vom Federhausvierkant abgezogen, die Federhausbrücke entfernt und das Federhaus aus dem Werk herausgezogen.

Die beiden Platinen des Werkes sind entweder mit Schrauben oder kleinen Messingspänen miteinander verbunden, diese werden entfernt. Bei gepinnten Werken ist der Pin unter dem Unruhkloben meist sehr kurz! Wenn man danach die Bottom Plate (unruhseitige Platine) abheben will, muß man sehr vorsichtig vorgehen, der Anker kann sich sehr leicht im Zylinder, in dem die Unruh saß, verfangen, so daß sich dann die Zapfen des Ankers verbiegen. Der Anker sollte also zusammen mit der Bottom Plate abgehoben werden! Auch sollte die Feder, welche an der Schnecke anliegt, im Auge behalten werden! Diese kann sich hier leicht lösen und im weiten Bogen davonfliegen.


Ganz kurz: Die Schnecke

Der Rest der Demontage erklärt sich von allein, man sollte aber auch der Schnecke bei der folgenden Reinigung etwas Aufmerksamkeit schenken (ich muß zugeben, dieses bislang nicht getan zu haben). Die Schnecke besteht aus zwei bis drei Teilen (Schnecke mit Windungen, das bewegliche Zahnrad darunter, ggf. noch im Inneren eine Feder. Aber keine Angst! Die beiden sichtbaren Teile der Schnecke werden durch einen kleinen Pin an der Unterseite der Schnecke zusammengehalten, der durch die Welle führt. Dieser Pin kann ganz einfach (z.B. mit Hilfe einer Nadel) herausgeschoben werden. Danach kann man das Zahnrad von der Schnecke abziehen. Auf dem unteren Zahnrad der Schnecke findet man entweder eine umlaufende dicke Feder oder zwei kleine Sperrkegel, welche nach innen zeigen. All das kann nun einfach gereinigt (und später auch leicht geölt) werden. Beim Zusammensetzen der Schnecke das Zahnrad mit einer leichten Drehbewegung auf die Welle schieben, den Pin einsetzen - fertig!


Die Remontage


Nach der Reinigung und eventuellen Reparaturen nimmt man sich zunächst die Grundplatine ("Top Plate", also die zifferblattseitige Platine) vor, in die man die Schneckensperrfeder einsetzt. Diese Sperrfeder wird durch eine Feder an der Platine gehalten. Die Sperrfeder klappt bzw. dreht man nun um 180 Grad nach hinten herum und legt die Platine erst einmal zur Seite.

Nun nimmt man sich die andere Platine, die "Bottom Plate" (die unruhseitige Platine) vor und setzt dort den Anker, dann das Hemmungsrad, das Sekundenrad und die Schnecke (auf dem Kopf!) in die entsprechenden Lager. Hier nicht vergessen, die Ankerpaletten etwas zu ölen. Anschließnd kommt noch das Center Wheel, also das Minutenrad in das Lager. Hierbei fällt auf, daß das Third Wheel, das Kleinbodenrad also, noch nicht im Werk eingesetzt wurde! Das ist absichtlich so, denn ansonsten können wir später nicht die Kette richtig einsetzen und vorspannen.

Die Top Plate wird nun vorsichtig gewendet und auf die eben besetzte Bottom Plate gesetzt. Das Einführen der feinen Zapfen ist etwas frickelig, aber soviele Zapfen gibt es ja nicht. Trotzdem muß penibelst darauf geachtet werden, daß die Zapfen wirklich in die Lager kommen, da ansonsten ein Abknicken oder Abbrechen der Zapfen droht. Wenn die beiden Platinen zusammengesetzt sind, können sie entweder mit Schrauben verbunden oder mit den passenden Messingspänen festgesteckt werden.

Danach wird die zifferblattseitige Brücke des Third Wheel ("Kleinbodenradbrücke") aufgesetzt und befestigt, jedoch ohne(!) das Kleinbodenrad eingesetzt zu haben.

Als nächstes kommt das Federhaus ins Werk, mit dem Vorspann-Vierkannt durch die Top Plate. Die Federhausbrücke wird darauf gesetzt und festgeschraubt.

Nun kommt die Kette hinzu: Zunächst wird die Schneckensperrfeder umgeklappt, so daß sie an der Schnecke korrekt anliegt. Mit dem Aufzugsschlüssel dreht man die Schnecke soweit, bis der feine Einschnitt mit dem Pin an der untersten Windung der Schnecke am Werksäußeren ankommt, an dem die Kette eingehangen werden kann. Das Werk halten wir nun senkrecht nach oben und lassen die Kette seitlich am Federhaus vorbei durch das Werk vorbei an den beiden Stützpfeilern zur Schnecke gleiten. Hier darauf achten, daß der runde Haken an die Schnecke kommt, der zackenförmige Haken später ans Federhaus. Mit einer Zange wird der runde Haken nun in die Schnecke eingehangen, danach vom Federhaus aus vorsichtig an der Kette gezogen, bis sich die Schnecke nicht mehr dreht.

Mit dem Aufzugsschlüssel drehen wir nun das Federhaus am Sperrvierkant so weit, bis der feine Einschnitt ans Werksäußere gelangt, in den man dann das andere Ende der Kette einhängt. Die Kette sollte dabei vom Werk weggehalten werden (ruhig die Finder nehmen). Mit dem noch steckenden Schlüssel drehen wir das Federhaus nun langsam und rollen so die Kette darauf auf. Dabei die Kette möglichst gleichmäßig und parallel aufwickeln, ebenso aufpassen, daß die Kette nicht unten am Federhaus abrutscht! Sobald die Kette ganz aufgewickelt ist, mit einem Finger von außen fixieren, den Schlüssel abziehen und das Sperrad auf den Vierkant aufsetzen und mit der Sperrklinke fixieren. Danach den Schlüssel wieder ansetzen und um etwa eine halbe bis ganze Umdrehung das Federhaus vorspannen. Die Schraube der Sperrklinke kann nun festgezogen werden.

Nun schraubt man die Third Wheel Bridge ("Kleinbodenradbrücke") wieder vorsichtig ab und setzt das Kleinbodenrad ein und schraubt die Brücke wieder auf. Hier abermals auf die feinen Zapfen acht geben!

Nun kann das Werk geölt werden, natürlich nicht zu viel, denn das zieht Schmutz an. Dann wird die Unruh in das Werk gesetzt und die feine Spirale in das Spiralklötzchen eingefädelt. Hierbei darauf achten, daß der Impulsstein an der Unruh möglichst genau richtung Ankergabel zeigt! Die Spirale wird dann mit einem kleinen Messingspan fixiert. Danach erneut die Position des Impulssteins kontrollieren. Auch muß die äußere Windung der Spirale durch den Rückerkamm führen! Zuletzt wird der Unruhkloben aufgesetzt. Falls die Unruhspirale über der Unruh liegt, ist das Aufsetzen leicht anders. Dennoch beim Aufsetzen des Klobens darauf achten, daß sich die Unruh frei drehen kann - am besten das Werk immer wieder leicht anschütteln und den Kloben während der Bewegung der Unruh fixieren! Nochmals kontrollieren, ob die Spirale gerade und parallel zur Unruh sitzt und ob sich die Unruh auch in anderen Lagen des Werkes dreht.

Nun ist es Zeit, die Uhr aufzuziehen. Das erste Aufziehen muß nun besonders sorgfältig und vorsichtig sein, denn die Kette liegt ja in der Regel nicht so auf dem Federhaus, daß sie sofort passend in die Rille der Schnecke gleiten kann. Die Kette sollte also nun gut beobachtet werden, ob sie sich beim Aufzug in die Schnecke einfügt. Bei kleineren Abweichungen muß ggf. mit einer Zange nachgeholfen werden. Falls die Kette gar abrutscht, muß die Kette wieder von der Schnecke abgewickelt und von neuem begonnen werden. Auch sollte überprüft werden, daß die Kette den Stophebel der Schnecke in der oberen Windung zum Schneckenrad auf der Schnecke hebt und der Aufzug dadurch blockiert. Falls das nicht passiert und die Kette ans Ende gelangt, bevor der Stophebel die Schnecke blockiert, muß das Werk wieder auseinandergebaut und der Hebel entsprechend gebogen werden (das sollte bei einer normalen Reinigung eigentlich nicht passieren, wenn man den Hebel so belassen hat, wie man ihn vorgefunden hat).

Ist alles gut gelaufen, dann sollte die Uhr spätestens nach leichtem Anschütteln laufen. Das Werk sollte in diesem Zustand eine Weile beobachtet werden, bevor das Zusammensetzen der Uhr vollendet wird. Empfohlen wird durchaus ein ganzer Tag! Hierbei für eine staubfreie Ablage sorgen (z.B. unter einem Deckel).

Läuft das Werk nach einem Tag immer noch und zudem auch so kraftvoll wie erwartet, dann kann nun das Viertelrohr aufgesetzt werden. Danach testen, ob es nicht allzu fest sitzt. Der Rest des Zeigerwerks wird dann ebenfalls aufgesetzt (Wechselrad, Stundenrad, Trennplättchen). Das Zifferblatt wird nun aufgesetzt und mit den drei Messingspänen fixiert. Danach die Zeiger aufsetzen, Stunden- und Minutenzeiger dafür auf Punkt 12 Uhr ausrichten, den Sekundezeiger auf 0.

Der Rückerzeiger auf der anderen Werksseite wird nun anfangs mittig eingestellt und später je nach Gang der Uhr verstellt. Die Staubschutzglocke kommt auf das Werk, wird mit der Feder fixiert und das Werk kann in das Gehäuse eingesetzt und mit dem Werkshaltepin (Stäbchen trifft es besser) befestigt.

Nun kann entweder durch Beobachtung (z.B. auch schon beim Tragen der Uhr) oder mittels eine Zeitwaage der Gang der Uhr ermittelt und reguliert werden.




Letztes Datenbank-Update am 20.03.2024